Noch immer hält die EU an jener Politik fest, die in die Krise geführt hat. Wo sich Widerstand regt, wir dieser als "europafeindlich" diffamiert. Das trifft zum Beispiel DIE LINKE. Pickelhering über den Europaparteitag der LINKEN und die anstehenden Proteste gegen Sozialabbau und Krieg...
In den Mainstream-Medien wird das Gespenst einer europafeindlichen LINKEN an die Wand gemalt. Dahinter verbirgt sich die Absicht, den bisherigen neoliberalen Kurs der EU propagandistisch zu stützen. Tatsächlich lehnt die LINKE nicht Europa ab, sondern ein Europa der Bosse.
Ein klares Nein zur Lissabon-Strategie der Europäischen Union (EU) stand im Zentrum der Reden und Debatten auf dem Europaparteitag der LINKEN Ende Februar in Essen. Mit der Lissabon-Strategie, die im Jahr 2000 von den europäischen Staats- und Regierungschefs als Programm verabschiedet worden ist, soll die EU im internationalen Konkurrenzkampf wettbewerbsfähiger werden - auf Kosten von Arbeitnehmern und Armen.
Wie die LINKE im Europaparlament kritisiert, soll dieses Ziel "durch Methoden der Liberalisierung, Flexibilisierung und Kostensenkung für Unternehmen erreicht werden. Verstärkte Marktöffnung, vor allem im Energie- und Dienstleistungssektor, Deregulierung des Arbeitsrechts und einen einseitigen Konsolidierungskurs in der Geld-, Steuer- und Haushaltspolitik sind die Instrumente".
Nein zur EU der Bosse
Oskar Lafontaine kritisierte in seiner Parteitagsrede das Europa der Neoliberalen scharf: "Es darf nicht sein, dass in Europa nach wie vor ein Wettbewerb stattfindet, wer hat die niedrigsten Steuern für Vermögende, für Zinseinkommen usw. und wer hat die schlechtesten sozialen und Umweltstandards. Das ist doch unmöglich, dieser Wettbewerb nach unten zu Lasten der großen Mehrheit der Bevölkerung."
Er wies zudem darauf hin, dass mit der Krise das Lissabon-Programm "durch die Entwicklung total überholt ist". Denn es anthalte genau jene Lockerung von Kapitalverkehrskontrollen, die zum Entstehen der globalen Finanzkrise beigetragen hat.
Auf die EU-Komission gemünzt erkärte Lafontaine: "Wer hat denn gedrängt, dass die Telekom privatisiert wird, fragt mal die Beschäftigten, was daraus geworden ist. Wer hat denn gedrängt, dass die Energieversorgung privatisiert und dereguliert wird, und Ihr wisst, dass wir jetzt Monopolpreise haben und Abkassiererei – das war doch alles auch die Kommission! Wer hat denn darauf gedrängt, dass die Sparkassen und Landesbanken privatisiert werden?"
Demokratisierung der Wirtschaft
Lafontaine betonte, dass die Linksfraktion im Bundestag als einzige Partei ein Konjunkturprogramm für ganz Europa gefordert habe. Darüber hinaus müsse die Wirtschaft demokratisiert werden. Konkret forderte er zum Beispiel die Beteiligung von Arbeitnehmern am Unternehmenseigentum.
Diese Forderung ist auf dem Parteitag nicht Gegenstand von Debatten gewesen. Ich halte sie allerdings für diskussionswürdig. Denn im Aufschwung mag eine Beteiligung am steigenden Gewinn eines Unternehmens für den einzelnen Mitarbeiter von Vorteil sein, im Abschwung würde dieser dann allerdings auch für die Verluste mit aufkommen.
Ich meine, dass auch in die Krise geratene Unternehmen verstaatlicht werden müssten, um die Arbeitsplätze zu retten. Eine Mitarbeiterbeteiligung ist allerdings keine Verstaatlichung, darauf hat Lafontaine bereits hingewiesen. Bei seinem Beteiligungsmodell bliebe ein Unternehmen in privater Hand.
DIE LINKE tritt für eine Verstaatlichung von Branchen ein, die für Daseinsvorsorge wichtig sind und für mehr Mitbestimmung der Belegschaften. Das ist eine gute Position, die man generell auf Unternehmen ausdehnen könnte, die in Schwierigkeiten stecken.
"Das beste Anti-Krisenprogramm"
Auslöser der globalen Krise waren Turbulenzen an den Finanzmärkten. Deswegen tritt DIE LINKE für deren Regulierung ein - ein Anliegen, das Partei zum Beispiel mit Attac gemeinsam hat.
Lothar Bisky, ebenfalls Parteivorsitzender, plädierte für die Einführung einer Börsenumsatzsteuer und einer Millionärsabgabe. Es sei ein "Rettungsschirm für die Menschen" notwendig, sagte er laut "junge Welt". Die Bekämpfung der Armut, bessere Löhne und öffentliche Investitionen, der Zugang zu Wasser, Bildung, Kultur und Medien für alle seien das beste Anti-Krisenprogramm, so Bisky weiter.
Damit spielte er darauf an, dass die Bundesregierung zwar behauptet, dass der Staat nun einspringe, wo der Markt versagt hat. Doch die von Schwarz-Rot praktizierte Art des Staatsinterventionismus bedient vor allem Banken und andere Konzerne. Der Masse der Bevölkerung nutzt er hingegen nicht.
Im Vergleich zu anderen Regierungen agiert die deutsche dazu noch zögerlich und mit Maßnahmen, die nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind.
"Verteilungspolitisch muss es in eine andere Richtung gehen", erkärte Andrea Koscic, stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft ver.di, in ihrem Grußwort. Dazu seien "verstärkte Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und Daseinsvorsorge unabdingbar". Eine entsprechende Kehrtwende in der EU-Politik sei nötig, so Koscic weiter.
Gegen die Militarisierung der EU
Ein weiterer Punkt, der die Mainstream-Presse in Wallung bringt, sind die friedenspolitischen Positionen der LINKEN. "Die Politik der EU ist zunehmend auf die imperiale Durchsetzung von Kapitalinteressen ausgerichtet", heißt es im Europawahlprogramm der Partei, das auf dem Parteitag beschlossen worden ist. Es wird kritisiert, dass die EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik "auf militärische Angriffsfähigkeit der Europäischen Union und Aufrüstung" orientiert. Auch aus diesem Grund wird der Vertrag von Lissabon abgelehnt.
Konkret fordert DIE LINKE unter anderem, militärische Ausländseinsätze und die "Entsendung von Militärberatern zur Unterstützung autoritärer Regimes" zu beenden. Abgelehnt werden auch die US-Raketenstationierungen in Europa und eine weitere Ausdehnung der NATO. Ziel der Partei ist die Auflösung der NATO, der EU-Interventionsstreitkräfte und der EU-Battle-Groups
"Es gibt keine 'humanitären' Militärinterventionen", heißt es weiter im Europawahlprogramm. "DIE LINKE lehnt daher alle Kriegseinsätze, auch mit UN-Mandat, ab. Kriege sind immer inhuman und die gravierendste Menschenrechtsverletzung. Auch wenn es um Rohstoffe und Transitwege geht, werden Demokratie und Menschenrechte klein geschrieben."
Es ist ein Verdienst der LINKEN, als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien zu sagen, dass "Krieg gegen Terror" und "humanitäre Intervention" die neuen Tarnkleider des Militarismus sind.
Blutige Kostproben neoliberaler Globalisierung
Ziel der EU ist es auch, in militärischer Hinsicht konkurrenzfähiger zu werden, also den Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt auch mit Gewalt durchzusetzen. Der Krieg gegen Irak und die Besatzung Afghanistans haben blutige Kostproben des kapitalistischen Konkurrenzkampfes um Ressourcen, Märkte und Einfluss geliefert.
Deswegen erhielt Wolfgang Gehrcke, Mitglied des Parteivorstandes, auch viel Applaus, als er sagte, dass DIE LINKE eine antikapitalistische Partei sein müsse.
Das ist nicht nur eine Frage des Parteiprogramms, sondern hängt vor allem davon ab, dass viele Menschen sich für eine Welt einsetzen, die anders aussieht als die "real existierende" des Kapitals.
Selbst aktiv werden gegen Krise und Krieg
In diesem Jahr stehen neben der Europawahl am 7. Juni und der Bundestagswahl am 27. September vier Landtagswahlen an. Mit dem Konzept "linksaktiv" will die Partei einen kampagnenorientierten Wahlkampf führen, an dem sich alle beteiligen können, die gegen Sozialabbau, Krieg und Rassismus aktiv werden wollen. Auf dem Europaparteitag wurde das Konzept vorgestellt.
Mitglied der Partei muss man dazu nicht sein. Im Beschluss des Parteivorstandes zur Wahlstrategie heißt es: "Im Wahlkampf werben wir daher auch für aktives Engagement für die eigenen Interessen über den Wahltag hinaus. Für unser Selbstverständnis als linke Partei gilt: 'Wählt uns, mischt euch ein, macht mit – unsere Stärke ist gemeinsames Handeln!' DIE LINKE ist eine Partei, in und mit der man aktiv sein kann."
Teil dieses Konzeptes ist die Kampagne "Ein Schutzschirm für Menschen", mit der folgende Forderungen verbunden sind:
- für ein Verbot von Massenentlassungen aufgrund der Finanzmarktkrise
- Arbeitszeitverkürzung statt Arbeitsplatzabbau
- Schaffung von mindestens einer Million Arbeitsplätzen durch öffentliche Beschäftigungsprogramme und sozial-ökologische Zukunftsinvestitionen
- Für Belegschaftsbeteiligungen bei Staatshilfen
- für die Verlängerung des Bezugszeitraumes von Arbeitslosengeld I
- und für die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes auf mindestens 435 Euro
Bei den Aktionen wird auch für die Großdemonstrationen am 28. März und am 16. Mai mobilisiert werden, zu denen Gewerkschaften, soziale Initiativen, Attac und auch DIE LINKE aufgerufen haben. Beide Demonstrationen richten sich gegen die Abwälzung der Krisenfolgen auf die Bevölkerung (mehr bei Pickelhering).
Jeweils am Tag der monatlichen Verkündigung der Arbeitslosenzahlen will DIE LINKE vor Großbetrieben, Jobcentern und Arbeitsagenturen präsent sein. Der nächste Termin ist der 30. März.
Zu den Protesten gegen den NATO-Gipfel Anfang April ruft die Partei ebenfalls auf und mobilisiert dafür. Dazu heißt es in einem Beschluss des Parteivorstandes vom 22. November 2008: "Für DIE LINKE ist die Mobilisierung zu den Protesten zum NATO Gipfel ein deutliches Signal gegen die imperiale Kriegspolitik des Bündnisses, gegen die atomare Erstschlagsstrategie und den Krieg in Afghanistan. Die Mobilisierung knüpft an die erfolgreiche G8-Mobilisierung an und ist Teil der zahlreichen Wahlkämpfe im Superwahljahr 2009."
Mit der Aktionsseite "Nein zur Nato" stellt DIE LINKE im Internet Informationen, Argumente und Material rund um die Proteste zur Verfügung.