Freitag, 13. März 2009
Schon wieder Obama
Ein Mann, zwei Poster: Der neue US-Präsident ist von den Künstlern Shepard Fairey und Leon Kuhn jeweils völlig anders verewigt worden. Pickelhering über die Ikone Obama und das Alte im angeblich Neuen.
Irgendwann ist es zu viel: Das Siegerlächeln, die Versprechen, das "Yes, we can". Und immer wieder dieses eine Poster, bis zum Erbrechen. Schon wieder Obama.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich habe nichts gegen den Privatmann Obama. Keine Beschwerde gegen das von Shepard Fairey designte Konterfei (siehe rechts). Es ist nett. Nervtötend hingegen ist die dröge Wiederholung, der Loop des Abfeierns. Obama, Obama, Obama.
Damit kann ich allerdings besser leben als der neue US-Präsident. Denn die in ihn gesetzten Erwartungen sind hoch und der Hoffnungsträger muss sie erfüllen - wenn er an der Macht bleiben will.
Präsident der Wall Street
Nun ist es mir herausgerutscht, dieses böse Wort: MACHT. Doch um die geht es. Fragt sich nur, wer davon profitiert. Darauf hat Obama bereits eine erste Antwort gegeben: das Establishment. Im Gegensatz zu seinem stimmungsgeladenen Wahlkampf war sein Amtsantritt deswegen prosaischer.
Mit Robert Rubin hat sich der Präsident einen Banker als engen wirtschaftspolitischen Berater erkoren. Rubin hat als Finanzminister unter Clinton kräftig an den für Konzerne und Wall Street überaus einträglichen Entwicklungen mitgewirkt, die in der Finanzkrise mündeten. Zum Beispiel durch die Abschaffung des zweiten Glass-Steagall-Gesetzes.
Als Direktor der Citigroup hat Rubin den Bankkonzern zielsicher in den Zusammenbruch geführt und in den acht Jahren, die er dafür gebraucht hat, 126 Millionen US-Dollar kassiert. Ein Mann des Finanzkapitals darf nun auf Wunsch Obamas die Wirtschaftspolitik des Landes beeinflussen. Ist das Progress?
Freund Hein
Besser als das ikonographische Fairey-Plakat gefällt mir eines von Leon Kuhn, der bei "Artists against the war" aktiv ist. Es zeigt das Alte im angeblich Neuen: Ein Totenschädel streift sich die Gesichtshaut von Bush ab und zieht die von Obama über. Auf dem Anzugrevers von "Freund Hein" prangt ein Sticker mit der Aufschrift "Imperialismus". Kuhn bringt es auf den Punkt.
Auf der letzten Münchner Sicherheitskonferenz, einem jährlichen Treffen von internationalen Sicherheitspolitikern, Militärs und Rüstungsindustriellen, hat US-Vize Joe Biden klargemacht, wohin die Reise geht: Er appellierte an die Verbündeten der USA, vor allem an die europäischen, ihre geostrategischen Ansätze zu überdenken, auch hinsichtlich ihrer Bereitschaft, Gewalt anzuwenden.
Der Deal, den Biden anbot, lautet: Ihr dürft mehr mitbestimmen, wenn ihr (mehr) mitkämpft. Das ist der vielbeschworene "neue Ton" der US-Administration. Konkret heißt das: Mehr Soldaten nach Afghanistan, mehr Krieg, mehr Blut. Hatten wir bereits, kennen wir schon.
Aus mit Hope?
Auch im Irak wollen die USA weiter Einfluss ausüben, wenn auch die Zügel lockerer gehalten werden. Truppen werden dort abgezogen, damit mehr Kapazitäten an den Hindukusch verlagert werden können. Das ist nicht neu, das ist der alte, etwas aufpolierte Imperialismus. Change ist weit und breit nicht in Sicht.
Obama, nun an der Macht, taugt nicht zur Pop-Ikone. Vermutlich wird es nicht lange dauern, bis die ersten Wähler das Fairey-Poster in die Tonne treten. Aus mit Hope. Irgendwann wird es auch dem Geduldigsten zu viel werden: Immer noch Krieg? Schon wieder Obama!