Freitag, 1. August 2008

Rauswerfen macht glücklich

Zum (leider noch nicht vollzogenen) Parteiausschluss von Wolfgang Clement

Es gibt Leute, da ist man froh, wenn die weg sind. Weil's so schön war, bevor die gekommen sind. Und wenn einer dieser Kandidaten nicht gehen will, muss man ihn rausschmeißen. Klappt das, darf man glücklich sein - statt den Schwanz einzuziehen und alle, die es nicht hören wollen, damit zuzutexten, dass man keine Genugtuung empfindet.

Aber Sozialdemokraten sind anders. Die sind mit Gefühl bei der Sache. Und haben sich gegenseitig lieb.

So betont Klaus Amoneit in einem Interview mit der "jungen Welt" mehrfach, dass sein Bochumer SPD-Ortsverein den Rauswurf von Wolfgang Clement aus der Partei mit initiiert hat, um das hinterher zu bedauern. "Herr Clement hat die hessischen Bürger aufgefordert, die SPD nicht zu wählen und damit indirekt zur Wahl einer anderen Partei aufgerufen", erklärt Amoneit: "Das verstößt gegen die Parteisatzung und gegen alle Regularien der innerparteilichen Solidarität." Klar. Und sonst? Da war doch noch mehr. Nee, meint Amoneit. Clement habe "sich sonst nichts zuschulden kommen lassen."

Sonst alles super gelaufen mit dem Ex-"Superminister"? Es ist also kein Problem, dass Clement, der Aufsichtsrat beim Energieriesen RWE ist, das mit der Energieindustrie vertraglich vereinbarte Abschalten der Atomkraftwerke öffentlich abgelehnt hat. Eine Woche vor der Landtagswahl in Hessen hat er in einem Beitrag für die "Welt am Sonntag" geschrieben, dass man überlegen müsse, ob man die hessische SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti angesichts ihrer energiepolitischen Vorstellungen wählen könne. Im Fernsehen sagte Clement zudem, er würde Ypsilanti nicht wählen. Die hält sich einen Parteitagsbeschluss zum Atomausstieg und will Biblis A und B abschalten.

Wie war das noch mit den Arbeitnehmerrechten? Rhythmisch klatschend zum Radetzky-Marsch saß Clement im Jahr 2003, damals "Superminister" für Arbeit und Wirtschaft, einträchtig neben Rogowski. Der war Chef des Industriearbeitgeberverbandes BDI und lobte Clement damals auf dem BDI-Jahresempfang für dessen Vorschlag, den Kündigungsschutz zu lockern.

Wie war das noch mit den Arbeitslosen? Die wurden in einer 2005 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit herausgegebenen Broschüre mit Schmarotzern, Trittbrettfahrern, Abzockern, und Parasiten verglichen. In dieser wird der Eindruck erweckt, dass ein großer Teil der Arbeitslosengeld-II-Bezieher ihre staatlichen Unterstützungen unrechtmäßig erhalten. Clement hat das Vorwort dieser Schmutzschrift verfasst. Wegen der Broschüre wurde gegen ihn Strafanzeige erstattet.

Clement ist neben Ex-Kanzler Schröder einer der eifrigsten Verfechter der Sozialabbau-Agenda 2010 gewesen und krakeelt auch nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt fleißig weiter für neoliberale "Reformen". Wegen dieses Kurses laufen der SPD Mitglieder und Wähler in Scharen davon. Gegen die "Regularien der innerparteilichen Solidarität" verstoßen zu haben, wie der Bochumer Genosse Amoneit beklagt, ist eher ein minderes Vergehen Clements.

Das alles sei kein Grund, Clement vor die Tür zu setzen, findet die "Süddeutsche Zeitung" in Person von Susanne Höll. Sie schreibt: "Nach dieser Logik müsste man allerdings auch Schröder und Müntefering das Parteibuch nehmen." Sehr guter Vorschlag! Die beiden sollten dann Steinmeier und Clements Anwalt Otto Schily in einen Sack packen und gleich mitnehmen. Rauswerfen macht glücklich!